jochen frech 22

Häufig gestellte Fragen an den Autor

1. Warum haben Sie damit angefangen, Bücher zu schreiben?

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mit meiner Antwort ein Klischee bediene, schwelt dieser Wunsch bereits seit meiner Kindheit in mir. Ich habe immer viel gelesen - ich erinnere mich wie ich eines Tages in die kleine Gemeindebibliothek ging und keinen neuen Titel mehr entdeckt hatte - und mochte es, mich unter meiner Bettdecke auf die Reise in ferne Bücherwelten zu machen. Dann entdeckte ich mein Faible fürs Schreiben in der Schule. Ich schrieb immer gute Aufsätze, wohingegen meine Diktate eine Katastrophe waren. Viele Jahre schrieb ich Kurzgeschichten und nahm 2008 erstmals auch an einem Wettbewerb teil. Ich war nicht wenig überrascht, als meine Geschichte zu den ausgewählten zählte, die in einer Anthologie abgedruckt wurden. Im Jahr darauf gewann ich sogar einen Preis. Von diesen (kleinen) Erfolgen beflügelt beschloss ich, mich an ein Buch zu wagen. Dabei entstand im Übrigen der Entwurf von „Hochsommermord“.

Der Krimi ist also tatsächlich mein allererstes Buch.  

2. Warum schreiben Sie Kriminalromane?

Vor einigen Jahren stieß ich auf ein Zitat des bekanntes Autors Henry Miller, in dem er Folgendes sagte:

„Ich entschloss mich von dem Standpunkt meiner eigenen Erfahrungen zu schreiben,
von dem was ich wusste und was ich fühlte. Und das war meine Rettung...“

Das klang plausibel und ich habe mir diese Aussage zu Herzen genommen. Ich bin Polizist und hatte in meinem bisherigen Werdegang das Glück in ganz viele polizeiliche Tätigkeitsfelder Einblick zu bekommen. Außerdem liebe ich Spannungsliteratur, allen voran Krimis und Thriller. Von daher lag es nahe, dass ich mich diesem Genre widmete. Mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass man als Autor wirklich die Finger von Stoffen lassen sollte, von denen man keine Ahnung hat. Man kann noch so gut recherchieren, die Geschichte wird immer ein wenig an der Authentizität kränkeln. Das merkt der Leser und die Story wird von daher nie wirklich überzeugen.  

3. Hat man in diesem Genre Vorteile wenn man selbst Polizist ist?

Definitiv! Ich werde von Autorenkollegen immer um meine Erfahrungen beneidet. Und natürlich wollen viele wissen, wie das denn wirklich ist. Wenn man fachfremd ist muss man aufwändige Recherchen betreiben um einen Einblick in die tägliche Polizeiarbeit zu bekommen. Vor einiger Zeit habe ich beispielsweise für eine befreundete Autorin aus der Schweiz einen Tag bei der Züricher Stadtpolizei arrangiert. Sie war total begeistert und meinte, vieles von dem was sie dort erlebt hatte, hätte sie gerne vor ihren beiden ersten Büchern gewusst.   

Noch viel wichtiger waren meine persönlichen Erfahrungen für mein zweites Buch: Einem Polit-Thriller, der im Mai 2014 erscheinen wird. Dort geht es um einen Anschlag im Rahmen eines Gipfeltreffens mit Spitzenpolitikern. Hier konnte ich aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit beim Spezialeinsatzkommando (SEK) bei den Recherchen quasi aus dem Vollen schöpfen.   

Einen Nachteil möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen. Der polizeiliche Alltag gestaltet sich in der Regel nicht ganz so aufregend, wie er in einem Kriminalroman oder im Film dargestellt wird. In einer Sonderkommission nach einem Mordfall arbeiten zuweilen bis zu hundert Kollegen und jeder kümmert sich in mühsamer Sisyphusarbeit um ein Puzzleteilchen, das für die Aufklärung von Bedeutung sein könnte. Das ist nicht immer spannend und würde Leserinnen und Leser langweilen. Die besondere Herausforderung für einen Autor, der gleichzeitig Polizist ist, liegt also – wie so oft -darin, den goldenen Mittelweg zu finden. Schließlich geht es darum, die Menschen zu unterhalten.  

4. Wie lange brauchen Sie, um ein Buch zu schreiben?

Den exakten Zeitraum von der ersten Idee bis zum fertigen Buch kann ich nicht genau definieren. Dazwischen liegen ja unheimlich viele Denk- und Arbeitsprozesse. Bei mir ist es so, dass wenn ich eine Idee für einen Text habe, diese kurz notiere und mich zunächst nicht weiter darum kümmere. Dieser Ideenkeim arbeitet dann irgendwo im Unterbewusstsein vor sich hin. Bei guten Ideen nährt sich die Story von selbst. Immer mehr Geschehnisse, Personen und Handlungsebenen füllen den unsichtbaren Ordner. Irgendwann drängt die Geschichte an die Oberfläche und möchte zumindest einmal grob skizziert werden. Es entsteht der erste Entwurf einer Plotskizze, dem in der Regel eine konzentrierte Recherche folgt. Irgendwann ist es dann soweit, dass ich nicht mehr anders kann, als mich an die erste Seite zu machen. Im eigentlichen Schreibprozess versuche ich sehr konsequent zu sein und jeden Tag wenigstens ein bis drei Seiten zu Papier zu bringen. Von daher kann man sich leicht ausrechnen, wie lange es dauert, beispielsweise ein dreihundert-Seiten-Buch zu schreiben. Danach folgen Überarbeitungen, bis der Text schließlich bei meiner Agentin in Berlin landet. Nach mindestens einer weiteren Überarbeitung wandert das Manuskript auf den Tisch eines Lektors beim Verlag. Es folgen weitere Redaktionen hinsichtlich des Plots und der Charaktere, bis schlussendlich der fertige Text vorliegt. Alles in allem würde ich sagen, dass ich ungefähr eineinhalb Jahre für ein Buch benötige.    

5. Haben Sie irgendwelche Lieblingsautoren oder -autorinnen?

Da ich, wie bereits erwähnt, selbst sehr viel lese und mich durch beinahe alle Genres wühle, gibt es natürlich eine ganze Menge von Autoren, die ich sehr gut finde. Vermutlich würde eine Aufzählung den Rahmen dieses Interviews sprengen. Aber gerne vielleicht eine kleine Auswahl: Stefan Zweig, Hermann Hesse, Siegfried Lenz, Ernest Hemingway und ihre literarischen Verwandten, weil sie sich einer Sprache bedienen, die mir auf der Zunge zergeht und ich teilweise einen Satz hundert- und tausendmal lesen muss. Maj Sjöwall und Per Wahlöö, Henning Mankell, Hakan Nesser, Ake Edwardson und viele andere Krimiautoren, da ihr Erfolg dazu beigetragen hat, dass Deutschland ein Krimiland geworden ist. Stephen King, der seit fast 40 Jahren unermüdlich Bücher produziert und eigenen Angaben zufolge täglich 2000 Wörter schreibt. Auch an Weihnachten und an seinem Geburtstag. Simon Mawer, Dennis Lehane und die vielen guten ‚jüngeren‘ Krimi- und Thrillerautoren, von denen ich ungeheuer viel lerne.  

6. Wie kommen Sie denn überhaupt auf Ihre Ideen, was inspiriert Sie?

Das ist mit Verlaub die schwierigste Frage, die man einem Autor stellen kann und ich kann sie vermutlich auch nicht abschließend beantworten. Die erwähnten Ideenkeime trägt, wie ich glaube, jeder Mensch mit sich herum. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mit Menschen ins Gespräch komme, die keine Autoren sind. Jemand erzählt mir von einem spannenden Urlaubserlebnis und meint lapidar, daraus könnte man doch ein Buch machen. Ein anderer malt sich aus wie eine Geschichte weitergehen könnte, beispielsweise wenn er Zeuge einer Zufallsbegegnung in der Eisenbahn wird. Ich glaube Autoren haben eine Art sechsten Sinn, um solche Ideenkeime zu erkennen. Patricia Highsmith vergleicht diese Begabung in ihrem Buch Suspense mit unsichtbaren Antennen, mit denen Autoren die Luft um sie herum nach Schwingungen abtasten. Nach Signalen für eine gute Story. Ich denke diese Befähigung teile ich mit vielen anderen Autoren.  

7. Wer bekommt denn Ihre Bücher als Erste zu lesen?

Ich habe tatsächlich eine Reihe von kritischen Erstlesern denen ich meine Texte zu lesen gebe, nachdem ich der Meinung bin, dass ich zu einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr alleine weiterkomme. Das ist meistens nach der zweiten oder dritten Überarbeitung der Fall. Einem Zeitpunkt, wo ich selbst so sehr in den Text involviert bin, dass ich nicht mehr einschätzen kann ob bspw. eine Szene spannend oder langweilig ist. Dann bedarf es unbedingt einer Beurteilung von Menschen, die bis dahin noch nicht mit dem Text in Berührung gekommen sind und von daher unvoreingenommen lesen. Ich nehme jedes Feedback sehr ernst. Wenn es zu widersprüchlichen Aussagen kommt (jemand findet Szene XY gut, ein anderer hat den Text an dieser Stelle weggelegt) hole ich mir weitere Urteile ein. In den meisten Fällen beuge ich mich dann der Mehrheit und schreibe die Textstelle gegebenenfalls um oder setze den dicken Rotstift an und streiche.

Interessant wird es dann wenn meine Literaturagentin zum ersten Mal über den Text geht, weil sie natürlich über Sprache, Aufbau und Inhalt hinaus sehr gut weiß, ob dieses Manuskript auf dem Buchmarkt eine Chance hat. Hier gibt es ein paar Gesetzmäßigkeiten, an denen kein Autor vorbei kommt. Schließlich folgt der spannendste Moment: Das erste Feedback eines Verlagslektors!